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Playground – auf der Suche nach dem dramatischen Reichtum unserer Welt.
Oder: Wie implementiert man abstrakte Symbolisierungen ins Gewebe eines konkreten Ortes?

Eine künstlerische Interpretation von Jan Torpus und Vera Bühlmann, versuchsweise implementiert im St.Johann Park in Basel, Schweiz.

Neue Technologie konfrontiert. Mit was genau lässt sich selten prägnant sagen, mit der Vorstellungskraft für das nun wirklich Ungewohnte verlässt uns auch die Sprache. Deshalb stellt sich, zumindest auf den ersten Blick, eine gewisse Unbeholfenheit ein, versucht man es doch. Das gilt besonders für Technologien, wie sie bei lifeclipper2 zur Anwendung kommen. Wir sind versucht Formulierungen zu verwenden wie »Augmented Reality Tools« zu nutzen um die »Realität« zu »erweitern«, sprich: dem natürlich Gegebenen unserer scheinbar unmittelbaren Umgebung »virtuelle Inhalte« einzupflanzen; oder »öffentliche Orte« mit »Virtualitäten« zu »dramatisieren«. Auf eigentümliche Art geraten wir jedoch in die Nähe von Tautologien, und das ist nicht zufällig so: lifeclipper2 inszeniert den öffentlichen Ort als öffentlichen Ort.

Tautologische Ausdrücke werden oftmals als stilistischer faux-pas gewertet. In der Rhetorik etwa ist eine Tautologie die repetitive Verwendung ein und derselben Bedeutung: Es werden dabei verschiedene Wörter zusammenstellt, die eigentlich das gleiche besagen; die Ausdrücke »gratis-Geschenk« oder »weisser Schimmel« wären alltägliche Beispiele dafür. In der Logik wird ein tautologisches Argument denn auch gar nicht erst als gültiges Argument zugelassen.

Nun wollen wir mit lifeClipper2 ja auch keine Logik betreiben, und uns auch nicht in rhethorischer Virtuosität üben. Es gibt aber einen Aspekt dieses Themas, der sehr wohl im Kern unserer künstlerischen Umgangs mit diesen Technologien steht. Denn gleichzeitig zu den erwähnten dargestellten Problemen vermögen gerade Tautologien Verschiebungen, Spannungen, Belastungen Ausdruck zu geben, die unterhalb der Oberfläche am Werk sind.

So mag die Charakterisierung eines Geschenks als gratis durchaus sinnvoll sein in einer Kultur, in der das Sprachspiel »Geschenk« im Rahmen einer Ökonomie der (indirekten) Erwartungen, Verpflichtungen, und Aushandlungen operationalisiert worden ist und folglich als Träger für weitere Codierungen dient. So betrachtet gleichen die Strukturen hinter tautologischen Ausdrücken vulkanischen Quellen, Aufschäumendem das aus dem Spannungsfeld zwischen tektonischen Platten hervorsprüht und –quillt, von unterhalb des Bodens, den Gemeinsamkeiten für uns darstellen. Als eine Möglichkeit um das poetische Spiel von Differenz und Wiederholung zu eröffnen interessieren sie uns als Ausdruck von Transformationen – von Transformationen im Bereich des Symbolischen.

Innerhalb der AR community gilt es für viele als Ziel, so etwas wie eine »gestalterische Sprache« für das Potential dieser Technologien zu entwickeln. Mit unserem Szenario playground machen wir den Vorschlag, dass eine solche Sprache in den spezifischen Qualitäten tautologischer Bezugsnahme ihre Kompositions-Elemente finden könnte.

Wir sehen in Spielplätzen den emblematischen Ort für das Herstellen solcher Art von spielerischer Selbst-Bezüglichkeit. Spielplätze erlauben es Kindern (und auch uns), auf sinnliche Weise die elementaren physischen Rahmenbedingungen zu erkunden für unsere Art und Weise in der Welt zu sein: physikalische Kräfte und deren Einwirkung auf unsere Körper, die Erdanziehung auf verschiedene Körper, Objekte und deren Zusammenspiel, wie auch die jeweils provisorische Überlistung unserer mehr oder weniger fein eingestellten Fähigkeit zur Orientierung. Durch die Luft zu schwingen, schnell und schneller auf einem sich drehenden Rad zu kreisen, alleine oder im Zusammenspiel einer Gruppe, leichtfüssig von einer Holz-Burg auf weichen Boden zu springen – Spielplätze dienen uns als Gelände welches uns erlaubt zu erkunden, wie es sich anfühlen würde wenn wir mit unserem eigenen Gewicht jonglieren könnten.

Könnte es möglich sein über diejenigen Bedingungen hinwegzusurfen, die uns Bodenhaftung verschaffen? Was wäre wenn wir diejenigen physikalischen Parameter, welche unser gewöhnliches Inertialsystem organisieren, humorvoller Weise zum Rollenspiel delegieren könnten? Und dies so, dass uns eine scheinbare paradoxe Leichtigkeit ermöglicht würde in der Weise, wie wir auf die Erde bezogen sind? Das Szenario playground erkundet das Potential der lifeclipper2 Technologien zum Instantiieren dessen, das wir einstweilig einmal »differential gravities« nennen möchten.



Basel, 17. November, Vera Bühlmann

Falls Sie interessiert sind Playground zu besuchen, kontaktieren Sie uns bitte. Wir setzen Sie dann auf die Warteliste und melden uns, nachdem wir neue Besuchertage oder Events festgelegt haben.

Hier können Sie den aktuellen Skript herunterladen (Englisch):

   
 
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